Ermittlung der Wärmeleifähigkeit des Bodens für die Kabelabstände von unterirdischen HGÜ-Leitungen

Dipl.-Ing. Karim Segond hat im Jahr 2022 und 2023 als Teilprojektleiter für Wärmeleitfähigkeit für Südlink gearbeitet. Die Unterirdische Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) von SuedLink werden Strom aus Windstromanlagen von Norddeutschland in den Süden transportieren. Die Wärmeausbreitung im Boden muss berechnet werden, um die minimalen Abstände zwischen den Gleichstromkabeln zu ermitteln, damit sie sich nicht gegenseitig thermisch beeinflussen.

Probenentnahme zur Wärmeleitfähigkeit von Böden

Die Eigenschaft der konduktiven Wärmeleitung eines Materials bzw. einer Materialmischung ist gekennzeichnet durch die Wärmeleitfähigkeit λ in W/m/K. Die Wärmeleitfähigkeiten der Bodenschichte werden mit Hilfe von Messungen für jede offene Strecke und jede geschlossene Querung ermittelt. Mit den WLF-Werten kann die Wärmeausbreitung durch Wärmeleitung berechnet werden.
Die Wärmeleifähigkeit wird entlang der Trasse sowohl für ungestörte Proben bei bindigen Böden als auch für gestörte Proben bei rolligen Böden gemessen. In der offenen Strecken werden die Kabeln nur 3-5 tief verlegt. In den geschlossenen Querrungen mittels HDD- oder Microtunnel-Verfahren werden die Kabeln zwischen 7 umd 50 m Tief verlegt. Mindestens 1 Probe pro relevanter lithologischer Einheit sollte erfasst werden. Die Auswahl der Proben sollte von oder mit Fachgeologen entschieden werden. Eine HGÜ-Trasse ist mehrere hundert Kilometer lang, wir haben hier mit tausenden von Proben zu tun.

Laboruntersuchungen zur Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähikeit wird für vier Zustände gemessen - ofentrocken - gesättigt - feucht und - bei 50% des feuchten Wassergehalts. Aus den charakteristischen Wärmeleitfähigkeiten werden 2 “bemessungsrelevante” charakteristische Werte, jeweils einmal für “feuchten” und einmal für “trocken” Zustand gewählt.
Unter Berücksichtigung physikalisch zu erwartender saisonaler natürlicher Veränderungen wird der niedrigste Grundwasserstand ermittelt. Wenn das Kabel unter dem NNGW verläuft, dann ist der gesättigte WLF-Wert massgeblich.

Wärmeleitfähigkeit thermisch vergleichbarer Bereiche

Für die Berechnung der Kabelachsabstände werden Bodenklassen verwendet, in die die thermischen Homogenbereiche nach Ermittlung von zwei charakteristischen Wärmewiderständen eingeteilt werden. Für die Berechnung der Kabelachsabstände ist eine Unterteilung der Böden in predefinierte Bodenarten nach der Wärmeausbreitung erforderlich. Das Material Boden besteht im üblichen Fall eines Lockergesteins im Wesentlichen aus mineralischen Partikeln und Porenraum mit verschiedenen Wassergehalten. Der Boden wird durch die Temperaturerhöhung der Kabel austrocken. Die Wärmeleitfähigkeit nimmt dabei mit dem Grad der Austrocknung ab. Es wurden Bodenklassen definiert, die sowohl die trockene als auch die feuchte Wärmeleitfähigkeit berücksichtigen. Bereiche der gleichen Bodenklasse bilden thermisch vergleichbare Bereiche.

Berechnung der Kabelachsabstände

Für die Auslegung der Kabelachsabstände ist die für die über die Betriebsdauer ungünstigste zu erwartende Wärmeleitung und Umgebungstemperaturen maßgeblich um die festgeschriebene maximale Zulässige Kabeltemperatur von 80°C bei Vollast zu keinem Zeitpunkt der Betriebsdauer zu überschreiten.

Ermitlung der Kabelachsabstände mit Tabellen

Es wurde am Anfang und während des Südlink-Projektes Tabellen erstellt. Diese geben in Abhängigkeit der Tiefe, der Bodenklasse und des Bohrverfahrens die minimale einzuhaltende Abstände, um die Überhizung zu vermeiden. Die Abstände zwischen den Kabeln in komplexen Kreuzungen werden für jede gequerrte Bodenschicht ermittelt. Sonderfälle wie die Querrung von fremden Stromleitungen müssen dann als Einzelbetrachtungen mit einem thermischen Programm berechnet werden. Die maximalen berechneten Abstände werden von der Trassierung umgesetzt.

Berechnung mit Rechentools wie FEM oder CFD

Andere wichtige HGÜ-Projekte wie Südostlink haben für jede Querrung eine thermische Berechnung gemacht. Ein CFD Tool ist hier nicht erforderlich, da es keine Konvektion unter der Erde gibt. Ein CFD Tool kann dennoch benutzt werden, wenn man eine Sofware-Lizenz zur Hand hat. Die Standardversion von 3D thermischen Tools erlauben paranetervariationen, hier sollten die Abtände zwischen den Kabeln variiert werden, bis eine Kabeltemperatur von 80°C erreicht wird.